Der Luzernenhof in Buggingen-Seefelden will 150 bis 200 Menschen mit ökologisch erzeugten Produk- ten ernähren. Die Eigentümer haben sich mit dem Konzept der gemeinschafts- getragenen Landwirtschaft neu erfunden. Ein Artikel von Gabriele Hennicke in Der Sonntag. PDF 10MB
Wer in den LUZERNENHOF investiert, bekommt dafür Gemüse, Käse oder Wurst
Der Luzernenhof liegt mitten im Bugginger Ortsteil Seefelden zwischen Heitersheim und Müllheim. Hinter Wohnhaus und Käserei geht`s zum Kuhstall. Neben dem offenen Laufstall, in dem zwölf Kühe und ein paar Kälber stehen, gibt es einen der inzwischen auch auf dem Land selten gewordenen Misthaufen. Der Schweinestall liegt direkt da- neben. Vierundzwanzig Hektar Ackerland, auf dem Getreide und Gemüse angebaut wird, acht Hektar Heuwiesen, Obst- wiesen, eine eigene Imkerei und einige Hühner gehören zum Hof dazu. Seit 1986 wird der Luzer- nenhof ökologisch bewirtschaf- tet. Vor zwei Jahren schlossen sich sechs Landwirte zusam- men, um den Hof als gemein- schaftsgetragene Landwirt- schaft überlebensfähig zu machen. „Die Existenz des Hofs hing damals von Subventionen und den Marktpreisen ab“, sagt Johannes Supenkämper, einer der Luzernenhof-Landwirte. „Auf diese Faktoren haben Men- schen, die in der Landwirtschaft arbeiten, keinen Einfluss. Sie ha- ben meist nur die Wahl, entwe- der die Natur oder sich selbst auszubeuten. Wir gehen einen neuen Weg.“
Der 30-Jährige lebt seit einem Jahr mit seiner Frau Magdalena (24), Baby Paul und der dreijähri- gen Salome auf dem Hof mit Kä- serin Dagmar Rader und Land- wirtschaftshelfer Hagen Pahl. Gemeinsam mit weiteren Mitar- beitern bewirtschaften sie den Hof. Eine Verbrauchergemein- schaft, die bislang aus 85 Mitglie- dern besteht, finanziert den Betrieb teilweise. Die Mitglieder sind eng mit „ihrem“ Hof ver-bunden und erhalten die Pro- dukte, die der Hof erzeugt, als Gegenleistung für die finanzielle Beteiligung.
Die Luzernenhofler erzeugen eine große Vielfalt an Gemüse im Freilandbau. Zurzeit gibt es Kartoffeln, Karotten, Pastinaken, Rote Beete, Sellerie, Blumenkohl, Salate und Radieschen. Auf dem Ackerland werden Brotgetreide und Braugerste angebaut. Die Milch der zwölf Kühe wird zu Jo- ghurt, Quark, Frischkäse und Schnittkäse verarbeitet oder als Frischmilch abgegeben. „Wir hal- ten nur so viele Tiere, wie wir selbst ernähren können. Wir kaufen kein Futter zu und pro- duzieren nur, was der Hof her- gibt“, sagt Magdalena Supen- kämper,„WirzüchtenunsereTie- re selber nach. Gelegentlich wird geschlachtet, dann gibt es auch Fleisch und Wurst.“
Donnerstag ist Liefertag, dann bringen Mitglieder der Verbrau- chergemeinschaft – nach Bestel- lung übers Internet - individuell zusammengestellte Kisten mit den Hoferzeugnissen zu Treff- punkten in Freiburg, Hartheim und Bad Krozingen-Tunsel. Von dort werden die Kisten abgeholt oder weiter verteilt. Damit der Luzernenhof erfolgreich wirtschaften kann, braucht er weite-re Mitglieder der Verbraucherge- meinschaft, die sich mit einem frei gewählten monatlichen Bei- trag beteiligen. Ein Einstieg ist je- derzeit möglich, es gibt auch Probemitgliedschaften für drei Monate. Jedes Mitglied darf so viele Produkte entnehmen, wie es benötigt.
„Das Grundlegende an unse- rer Wirtschaftsform ist, dass eine Gruppe von Verbrauchern die Abnahme der Erzeugnisse ga- rantiert und die Ernte vorfinan- ziert und alles, was notwendig ist, um diese zu erzeugen“, sagt Johannes Supenkämper, „alle teilen sich die Verantwortung, das Risiko, die Kosten und die Ernte.“ Die Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Ver- brauchergemeinschaft wird ver- traglich geregelt. Zu Beginn ei- nes Wirtschaftsjahres rechnet ei- ne Versammlung der Mitglieder das vergangene Wirtschaftsjahr ab und beschließt den Etat für das neue Wirtschaftsjahr.
Wie die Verbrauchergemein- schaft ganz praktisch die Proble- me und Risiken der landwirt- schaftlichen Produktion erfährt, erklärt Käserin Dagmar Rader: „Kürzlich gab es ein Problem mit dem Schnittkäse. Er hatte Risse und konnte deshalb nicht als Käsescheiben verkauft werden. Ich habe den Käse dann zu Reibekä- se verarbeitet und ihn in dieser Form an unsere Mitglieder abge- geben.“ Der Reibekäse sei gut an- gekommen. Unter herkömmlichen Marktbedingungen sei die- ser Käse nicht marktfähig gewesen.
Das Konzept des Luzernen- hofs kommt in der Region be- reits gut an. Der Verein der Gar- tencoop Freiburg mit Gemüse- anbau in Bad Krozingen-Tunsel hat bereits 245 Mitglieder. Sie fi- nanzieren den Betrieb solida- risch, teilen die Ernte und pa- cken mit an. Im Dreisamtal hat sich der Lebensgarten Dreisam- tal gegründet, der ebenfalls Ge- müse anbaut. Beide Gruppen nehmen weitere Mitglieder auf.
> DIE DREI INITIATIVEN
laden gemeinsam ein zum Vortrag „Wei- ter wie bisher ist keine Option“ am 28.Mai2013um 20Uhr im KGI, Uni Freiburg, Hörsaal 1098. Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft stellt Ergeb- nisse und Konsequenzen des Weltagrarberichts vor.
Mehr Infos gibt es unter www.luzernenhof.de, www.lebensgarten-dreisamtal.de und www.gartencoop.org
GABRIELE HENNICKE