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Gartencoop in Kultur & Politik (Bioforum Schweiz): "Die Strategie der krummen Gurken"

Jede Gurke, die man essen kann, landet bei der Gartencoop in Freiburg im Breisgau in der Gemüsekiste. Ob sie krumm ist oder gerade, gross oder klein, hellgrün oder dunkelgrün. Vielfalt ist Trumpf, und es soll nichts verschwendet werden, sondern alles, was gut ist, in den Kochtöpfen der Mitglieder landen. Artikel von Sonja Korspeter in Kultur & Politik (Bioforum Schweiz) . Artikel als PDF.

Die Gartencoop Freiburg ist eine Kooperative der Solidarischen Landwirtschaft. Sie besteht aus einem landwirtschaftlichen Betrieb und einem Verein mit aktuell 260 Mitgliedern, die den Gemüseanbau solidarisch finanzieren, tatkräftig anpacken und sich die Ernte teilen. In der Schweiz nennt man diese Form der gemeinschaftsgetragenen Landwirtschaft Vertragslandwirtschaft.

 

«Das können wir auch»

Im Sommer 2009 fuhren einige Freiburger in die Jardins de Cocagne (Schlaraffen-Gärten; ein regionales Vertragslandwirtschaftsprojekt) nach Genf. Schon seit einiger Zeit hatten die Teilnehmer dieser Exkursion die Idee, sich mit anderen zusammenzuschliessen und fern aller Marktlogik selber Gemüse anzubauen. Sie waren begeistert von dem, was sie in den Jardins de Cocagne sahen. Luciano Ibarra erinnert sich: «Wir haben ein Projekt kennengelernt, dass schon seit 30 Jahren erfolgreich funktioniert und 420 Menschen mit Gemüse versorgt. Ganz bereitwillig gaben uns die engagierten Genossenschaftler nicht nur Know-how mit auf den Weg, sondern auch Selbst- vertrauen. Unser Gefühl war: «Das können wir bei uns auch schaffen!» Zurück zu Hause berichteten sie auf einer Versammlung Interessierten von ihren Erfahrungen. Viele der Anwesen- den waren ebenfalls fasziniert und sagten ihre Unterstützung für ein solches Projekt gemeinsamen Gemüseanbaus in Freiburg zu. Eine Kerngruppe von Engagierten bildete sich, und die mühsame Suche nach Land begann. Fündig wurde man schliesslich auf einem Hof 20 km südlich von Freiburg. Der dortige Gemüsebauer wollte sich zur Ruhe setzen und verpachtete der Gruppe knapp 9ha Land. Dazu einen Lagerraum, eine kleine Scheune und ein Unterdach, das heute zum Packen des Gemüses dient.

 

Das erste Jahr

Im Februar 2011 war es dann soweit: Die erste Mitgliederversammlung fand statt, und die Gartenkooperative startete mit 170 Mitgliedern. Fabian, ein mutiger Gärtner aus der Kerngruppe, gründete ein Einzelunternehmen und stellte drei GärtnerInnen ein. Zu viert teilten sie sich 200% Stellenanteile. Schon bald stellte sich heraus, dass die Arbeit kaum zu bewältigen war. Es galt, die Strukturen auf dem Hof aufzubauen, auf 2,3 ha Land 70 Sorten Gemüse anzubauen und es an die Mitglieder zu verteilen. Katrin, eine der Gärtnerinnen, die von Anfang an dabei war, erinnert sich an diese erste Zeit: «Wir haben viele, viele Überstunden gemacht. Und merkten bald, dass wir so- gar zu viel Gemüse hatten. Die Mitglieder konnten ihre Gemüsekisten noch mit Nachbarn und Freunden teilen, so viel gab es.» Also entschied man, dass die Kooperative grösser wer- den sollte. Ende des ersten Jahres hatte der Verein schon 200 Mitglieder. Damit konnten Budget und Stellenumfang ausgeweitet wer- den. Heute, im dritten Jahr, beträgt das Budget 243 000 €, und fünf Leute arbeiten auf 400%- Stellenanteilen.

 

Rechtliche Fragen

Nicht einfach war das Finden der passenden Rechtsform, denn der deutsche Staat als Gesetzgeber hat Mühe zu verstehen, dass eine Gruppe von Leuten für die Landwirtschaft und nicht für die Produkte bezahlt. Für die Gartenkooperative bestand die vorläufige Lösung darin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit vier GärtnerInnen als Gesellschaftern und einem Angestellten und den Verein «Gartencoop Freiburg e.V.» zu gründen. Die GbR ist zuständig für die Bewirtschaftung des Landes und die Einbeziehung der Vereinsmitglieder in die einfacheren Arbeiten auf dem Hof, wie Jäten und Ernten. Sie pachtet auch das Land und die Gebäude. Der Verein hat als Zweck die Erprobung von öko- logischer, klimabewusster und sozialer Landbewirtschaftung sowie die Vermittlung von Kenntnissen darüber. Die Mitglieder geben dem Verein einen Direktkredit von 400 €, nehmen an der jährlichen Mitgliederversamm- lung teil, die den Haushalt beschliesst, zahlen einen Mitgliedsbeitrag, dessen Höhe sie selber wählen und beteiligen sich an mindestens fünf Mitgliedereinsätzen pro Jahr. Der Verein nimmt der GbR das Gemüse ab. Er ist ausser- dem zuständig für die Finanzierung des Inven- tars, d. h. er ist Eigentümer von Maschinen und Geräten. Kathrin, eine der vier Gesellschafter der GbR, ist sehr zufrieden mit der Situation heute. «Jetzt läuft es gut, ein paar mehr Mit- glieder noch und damit ein bisschen mehr finan- ziellen Spielraum, das wäre nicht schlecht. Aber insgesamt passt es prima, und wir fünf sind sehr froh über die Tatsache, nur 80% zu arbeiten. So bleibt genügend Zeit für Dinge ausserhalb der Erwerbsarbeit.»

 

Alle gemeinsam – für frisches, ökologisch angebautes Gemüse

Einmal wöchentlich wird frisches Gemüse vom Hof nach Freiburg transportiert. Die Mitglieder der Gartenkooperative helfen regel- mässig mit – beim Jäten, beim Ernten, beim Packen der Gemüsekisten und natürlich beim gemeinsamen Feiern. Und deshalb wis- sen sie auch, wie Gurken wachsen, was ihnen gut tut, und dass jede anders aussieht, aber alle nichtsdestotrotz lecker schmecken. Lukas, Kathrin, Sarah, Fabian und Felix brauchen neben ihrem fachlichen Wissen im Bereich Gemüsebau auch eine Menge pädagogisches und organisatorisches Fingerspitzengefühl. Denn es ist nicht immer leicht, Leute von aussen in den professionellen Hofablauf zu integrieren. Lukas erklärt: «Wir machen eine genaue Planung für die Tage, an denen Mitglieder auf den Hof kommen. Es geht darum, die Arbeit sinn- voll aufzuteilen und ein Verständnis für die einzelnen Bereiche des Gemüsebaus zu vermitteln. Das gelingt nicht mit allen gleich gut. Und als Gärtner sind wir auch für die Sicherheit auf dem Hof verantwortlich. Manche Mitglieder haben gar kein Gefühl dafür, wie viel Platz ein Schlepper braucht, wenn er mit dem Hänger abbiegt. Das ist manchmal anstrengend, aber es ist auch toll, diesen Hof mit vielen poli- tischen Leuten gemeinsam zu machen.»

 

Ein menschliches Experiment

Ich frage Lukas, warum er sich für die Gartencoop und nicht für den Aufbau eines eigenen landwirtschaftlichen Betriebes entschieden habe. Seine Antwort kommt prompt und engagiert: «Guter Anbau braucht eine Community, die Vertrauen hat. Der freie Markt ist nicht attraktiv.Als Junglandwirt auf meinem eigenen Hof hätte ich vor allem mit der Bank, mit Geldgebern und Bürokraten zu tun. Ich würde viel arbeiten für wenig Geld, dann wachsen müssen, den Lohnunternehmer an- stellen und in diesen ganzen Grössenwahnsinn hineingeraten. Das will ich nicht.» Es sei schon auch ein krasses menschliches Experiment, sich mit so vielen unterschiedlichen Leuten zu koordinieren. Aber über das Modell der Kooperative werde der Hof vom marktwirtschaftlichen Druck entlastet. Es entstehe Frei- raum, der für den guten ökologischen Anbau und die Weitergabe von Wissen an die Mitglieder verwendet werden könne. «Wir sind ein tol- les, vielfältiges Team, wir haben viele verschiedene Fähigkeiten hier am Hof und insgesamt in der Gartenkooperative. Es gibt viele Möglichkeiten, Dinge auszuprobieren.»

 

Biodivers und klimaschonend

Vielfalt ist der Gartenkooperative wichtig. Es werden ausschliesslich samenfeste Sorten an- gebaut. Die Fruchtfolge ist ausgeklügelt und langfristig. Lukas erklärt mir, dass sie die Flächen in zwölf Teile unterteilt haben. Auf vier Flächen wächst aktuell Kleegras, auf zweien Getreide und auf sechsen Gemüse. Es gibt eine klare terminliche Abfolge, auch mit Doppel- belegungen. Im Tunnel gibt es eine Untertei- lung in acht Flächen, was beispielsweise be- deutet, dass nur alle acht Jahre Tomaten auf derselben Fläche kultiviert werden. «Das wäre im normalen Anbau für den Markt nicht möglich. Paprika, Tomaten, Mais, Rucola und Basilikum wachsen bei uns in einem Tunnel. Im Winter gibt es Gründüngung und Zwischenbelegungen mit Wintersalaten, Spinat und Überwinterungskulturen. Auf die Beheizung der Tunnel wird komplett verzichtet, es sind so ge- nannte Kalttunnel.» Der Erhalt alter Sorten und die Förderung der Bodenfruchtbarkeit über ein gutes Düngemanagement und ge- schlossene Hofkreisläufe sind für die Garten- coop wichtige Elemente einer ökologisch nachhaltigen Anbauweise. Auch bei Lagerung und Transport setzen die Freiburger auf Öko- logie. Das Gemüse wird in einem Erdkeller, dem ehemaligen Kartoffelkeller des Hofes, ge- lagert, der ohne strombetriebene Kühlung aus- kommt. Mit einem Carsharing-Bus wird das Gemüse jeden Donnerstag zu einem Umschlagplatz in Freiburg gebracht. Dort wird es dann auf Fahrradanhänger umgeladen und per Muskelkraft an die einzelnen Depots transportiert, wo die Mitglieder es selber abholen. Zu- künftig sollen diese Fahrradgespanne noch mit technischen Raffinessen wie einer Elektrounterstützung für die Räder und einer Auflaufbremse ausgestattet werden.

Solidarische Ökonomie

Hinter diesem Begriff verbergen sich gleich mehrere Besonderheiten der gemeinschaftsgetragenen Landwirtschaft. Im Mittelpunkt steht eine gemeinsame Vereinbarung: Der Hof versorgt die Mitglieder, und alle teilen sich die damit verbundene Verantwortung, das Risiko, die Kosten und die Ernte. Ernteaus- fälle werden gemeinsam geschultert und rei- che Ernten ebenfalls miteinander geteilt. «Für uns Gärtner bedeutet dies, dass wir bei einem Unwetter nicht in Schwierigkeiten ge- raten, sondern weiter unser Einkommen haben. Und es beinhaltet natürlich auch, dass bei einer sehr guten Ernte die Einnahmen nicht steigen», so Sarah. Bezahlt wird für die Landbewirtschaftung, nicht für die Produkte. Für die Mitglieder der Gartencoop war es von Anfang an klar, dass diese Bezahlung fair sein muss. Aktuell sind es 13 € pro Stunde Arbeitnehmer- brutto. Sarah berichtet, dass die Mitglieder des Vereins sogar gefunden hätten, die Gärtner- Innen müssten mehr verdienen. Doch solidarisch bezieht sich auch auf die Mitglieder des Vereins. Jeder soll mitmachen können. Kathrin erklärt, wie es funktioniert: «Bei der jährlichen Mitgliederversammlung stellt die Koordinationsgruppe die zu erwartenden Kosten für das nächste Jahr vor. Und dann gibt es eine Bieterunde, bei der jedes Mitglied auf einen Zettel schreibt, welchen Mitgliedsbeitrag es leisten kann und möchte. Dann haben wir einen Gesamtüberblick, ob die Beiträge reichen wer- den. Und das Faszinierende ist: Es funktioniert ziemlich gut! Manche geben viel mehr als den Richtwert, und so können andere, weniger Betuchte, einen geringeren Beitrag leisten.» Dieses Jahr passte die Summe am Ende nicht ganz, und so wurde das Budget leicht nach unten korrigiert. Ausserdem entschied die Gartencoop, auf 290 Mitglieder zu wachsen und über Kulturveranstaltungen und Spenden weitere Einnahmen zu generieren. Luciano: «Es braucht einfach etwas Zeit bis sich in allen Bereichen ein Gleichgewicht ein- gependelt hat.»

 

Oma kocht, Susanne packt, Peter erntet

Alle, die bei der Gartenkooperative mit- machen, bringen sich ein. Die eine mehr, der andere weniger, aber mindestens fünf halbe Tage im Jahr. Oma Maier bückt sich nicht mehr so gerne und mag deshalb nicht aufs Feld. Aber sie kocht wunderbar und gerne. Und so freuen sich die Mitglieder am Mittwoch, wenn sie fertig sind mit Ernten, dass sie sich an den ge- deckten Tisch setzen und schmausen können. Susanne packt gerne die Kisten und kümmert sich auch mal um den Transport der Kisten mit dem Fahrrad zu den Depots. Peter dagegen liebt das Wühlen in der Erde und macht begeistert bei den Jät- und Ernteeinsätzen mit. So kann sich jedeR auf seine Art einbringen. Und die fünf GärtnerInnen geben ihr Wissen und ihre Erfahrung dazu, sodass die Mitglieder immer mehr dazulernen können. Caro ist vor einiger Zeit aus der Gartencoop wieder ausgestiegen. «Wir haben es mit Kind und Studium und Arbeiten einfach nicht mehr ge- schafft, uns ausreichend einzubringen. Und hatten ständig ein schlechtes Gewissen. Doch wir vermissen die Gemeinschaft und das gute Gemüse und werden dieses Jahr wieder dazu- kommen.» Die Gärtner und auch der Koordinationskreis der Kooperative wissen um solche Umstände. Doch sie finden, das brauche nicht zu sein. «Die Gartencoop ist vielfältig und voller engagierter Menschen, da kann die Beteiligung einiger auch mal eine Weile geringer sein. Das können wir tragen. Lebens- umstände ändern sich eben. Man muss nur darüber reden.» Überhaupt sei es sehr wert- voll, dass alle Generationen in der Gartencoop vertreten seien. Was die Jüngeren an Dynamik, Kraft und punktuellem Einsatz einbringen, ergänzt sich wunderbar mit der Lebenserfahrung, der Ruhe und Entschleunigung, die die älteren Mitglieder mitbringen.

 

«Die finden uns lustig»

Ich frage nach, wie die Leute im Dorf über die Gartenkooperative denken. Sarah lacht und er- klärt dann: «Der Kontakt läuft vor allem über den Bäcker. Dort sehen die Mütter uns am Vormittag mit unseren Matschhosen und fragen nach. Doch auch die Nachbarn zeigen Interesse und kommen zum Hoffest vorbei. Der Ortsrat hat uns letztes Jahr eingeladen, damit wir vorstellen können, was wir hier machen.» Und gibt es eine Zusammenarbeit mit den örtlichen Bauern? Lukas antwortet: «Ja, wir helfen uns mit Geräten und Maschinen aus. Und manchmal macht der eine oder andere für uns was im Ackerbau. Auch im Beregnungsverband trifft man sich. Wir haben ein solidarisches Verhältnis, doch wir sind die einzigen im Ort, die Biolandwirtschaft betreiben, das wirft auch Widersprüche auf. Ich stelle mir immer die Frage, wie man die Bauern, die das Land und die Technik haben, animieren kann, an- ders zu wirtschaften, als sie es heute tun. Ich finde es so wichtig, immer zu hinterfragen, welche Konsequenzen hat mein Verhalten als Landwirt auf sozialer Ebene, für die Um- welt, für die gesamte Energiebilanz. Es wer- den viele Subventionen bezahlt, nur um das aktuelle System am Laufen zu halten. Aber das kann ich den anderen Bauern ja nicht einfach so sagen.» Und wie sehen die Bauern die GärtnerInnen der Gartencoop? «Die finden uns lustig, wie wir die Möhren mit der Hand jäten. Aber sie sehen auch, was wir schaffen, und dass wir etwas aufbauen. Dass wir fleissig sind. Und das anerkennen sie.»

 

Ambitionierte Zukunftspläne

Ich frage, welche Pläne die Gartencoop für die kommende Zeit hat. «Der nächste Schritt sind der Zaunbau und das Herüberholen der Rinder vom Luzernenhof. Sie sollen unsere Grünflächen beweiden und so helfen, den Düngekreis- lauf weiter zu schliessen.» Schon heute gibt es ein paar Hühner auf dem Hof, vor allem, um den Kompost zu bearbeiten. Doch ihre Eier erweitern auch die Speisevielfalt beim Mittag- essen auf dem Hof. Längerfristig wollen die Initiatoren auch das Land in kollektives Eigentum überführen, um es so aus dem Markt zu nehmen und für die ökologische Bewirtschaftung zu sichern. «Wir denken hierbei an eine übergeordnete Struktur, die mit Hilfe vieler kleiner Anleger das Land kauft und es dann dauerhaft der Gartencoop zur Bewirtschaftung zur Verfügung stellt. In Frankreich und Belgien gibt es solche Strukturen bereits, und auch bei uns ist etwas Ähnliches im Auf- bau.» Luciano ist optimistisch, dass die Themen Zugang zu Land und gemeinschaftsgetragene Landwirtschaft insgesamt an Bedeutung gewinnen werden.

Der Luzernenhof, zwei Dörfer weiter, ist seit letztem Jahr ebenfalls zur solidarischen Landwirtschaft übergegangen. Hier werden Fleckviehkühe für Milch und Fleisch gehalten, drei Schweine, ein paar Hühner und Katzen. Ausserdem gibt es eine Käserei, eine Imkerei, und auf den 32ha Land werden neben dem Futter für die Kühe auch Getreide und Gemüse angebaut. Die beiden Pro- jekte haben gemeinsame Verteilpunkte, und Mitglieder der Gartencoop kaufen Milch- und Fleischprodukte beim Luzernenhof ein. Ganz neu gibt es noch ein drittes Projekt mit soldarischem Gemüseanbau östlich von Freiburg: den Lebensgarten Dreisamtal. Hier sollen kultureller Aufbruch und Gemüseanbau miteinander verknüpft werden. Auf ihrer Internetseite schreibt diese Gruppe: «Gemeinsam wirtschaften, ler- nen, leben und feiern und jede Woche leckeres, regionales, biologisch-dynamisches Gemüse!» Die Strategie der krummen Gurken, das bedeutet für die Initiatoren der Gartencoop nicht nur, die komplette Ernte zu verwerten und miteinander zu teilen. Für sie gilt es, der Agrarindustrie, dem Klimawandel und der Wirtschaftskrise etwas Konkretes entgegenzusetzen. «Für uns sind Lebensmittel keine Ware», bringt Luciano aus dem Koordinationskreis das Selbstverständnis der Gartenkooperative auf den Punkt. Anders als bei der industriellen Landwirtschaft, wo der Mais an der Börse zum Teil schon verkauft wurde, bevor er überhaupt gewachsen ist, geht es um eine ökologisch und sozial nachhaltige Landbewirtschaftung, die eine Gruppe von Menschen, die sich mit dem Hof verbunden fühlen, mit Lebensmitteln – also Mitteln zum Leben – versorgt. Der Waren- markt bleibt gewissermassen aussen vor. «Es geht darum, Alternativen zu leben und andere damit in Verbindung zu bringen. Gemeinsam neue Wege zu gehen und dann alle wertvollen Erfahrungen an andere weiterzugeben, zu verwerten und (mit)zuteilen.» Die Gartencoop berät Initiativen und ist bestrebt, sichtbar zu werden, mit krummen Gurken und gangbaren Wegen in Gemeinschaft.

 

Der Film zum Projekt

Der Film «Die Strategie der krummen Gurken» zeigt Entstehung, Motivation, Praxis, Schwierigkeiten und Ausblicke der Gartencoop Freiburg. Er wurde am 31. Mai 2013 als Vorpremiere in Freiburg gezeigt. Später wird er auf www.cinerebelde.org und auf www.gartencoop.org frei zugänglich sein. Die Freiburger Gartencoop ist eines von in- zwischen 34 Projekten Solidarischer Landwirtschaft in Deutschland.

 

Sonja Korspeter

Die Autorin ist Soziologin und war fünf Jahre Geschäftsführerin des European Milk Board. Heute arbeitet sie als selbständige Agrarjournalistin und Beraterin in der Schweiz und in Süddeutschland. Gegenwärtig macht sie eine Ausbildung als Permakulturistin.



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