Wir protestieren gegen die Absicht der Bundesregierung die Haushaltseinsparungen in Folge des Bundesverfassungsgerichtsurteils auf den Rücken der Landwirte auszutragen – und wir protestieren gegen die allgemeine Untätigkeit angesichts der Klimakrise.
Zwar sehen wir deutlich klimawirksamere und sozial gerechtere Einsparpotentiale beispielsweise bei der Subventionierung des Flugverkehrs und der Kohleverstromung. Dennoch brauchen wir deutlich größere öffentlichen Investitionen in die Transformation des Agrarsektors hin zu einer post-fossilen Landwirtschaft. Aktuell steuern wir auf eine Klima- und Ernährungskrise mit Ansage und unbekanntem Ausmaß zu, die uns alle existentiell betreffen wird – und dennoch passiert in Deutschland aktuell kein Klimaschutz. Die Subvention von Diesel und die Steuerprivilegien für fossile landwirtschaftliche Maschinen sind für uns ganz klar keine Bausteine dieser post-fossilen Landwirtschaft.
Die heutige Landwirtschaft ist in einem sehr großen Maße von fossilen Brennstoffen abhängig. Die Lage vieler Bäuer*innen, allen voran der kleiner strukturierten vielfältigen Betriebe, ist auch 2023 nicht leicht gewesen: rapide Preissteigerungen bei allen Produktionsmitteln, insbesondere bei Land, Düngemitteln und Diesel stehen minimalen Erhöhungen der Erzeuger*innenpreise gegenüber. Kein Wunder also, dass die Landwirt*innen auf Subventionskürzungen empfindlich reagieren, wenn sie gleichzeitig keine Unterstützung bei der notwendigen Transformation erhalten. Wir unterstützen die Forderung der Landwirt*innen, dass sich die Erzeugung von Lebensmitteln auch finanziell lohnen muss. mehr.
Doch die vielbeschworenen Zielkonflikte von wirtschaftlicher Überlebensfähigkeit der Höfe, der Bezahlbarkeit landwirtschaftlicher Erzeugnisse für Verbraucher*innen und dem sozialökologischen Umbau sind nur vermeintliche Zielkonflikte und gehören zusammen gelöst! Die Prekarisierung der Bäuer*innen muss stoppen, damit Klimaschutz gelingen kann! Dies ist eine dringende gesamtgesellschaftliche Verantwortung und kann nicht an die Bäuer*innen ausgelagert werden. An entschlossenem, wirksamen Klimaschutz führt kein Weg vorbei und wir alle müssen als Gesellschaft die Bäuer*innen dabei unterstützen, die postfossile klimaresiliente Landwirtschaft der Zukunft zu entwickeln.
Kluge realpolitische Konzepte und wegweisende visionäre Vorstellungen von Ernährungssouveränität gibt es bereits! Nun braucht es Mut bei uns allen – Bäuer*innen, politischen Entscheidungsträger*innen und Konsument*innen – radikal Neues zu wagen und den Umbau der Landwirtschaft ins kommende postfossile Zeitalter entschlossen in die Hand zu nehmen, denn es ist längst fünf nach zwölf.
Völkisch-nationalistische Bauernsagen sind dabei jedoch gänzlich verfehlt und rückwärtsgewandt. Für die Aushandlung dieser mutigen post-fossilen Agrarpolitik brauchen wir eine pluralistische demokratische Streitkultur. Eine Streitkultur, die auf Respekt und konstruktives Ringen um Lösungen setzt, anstatt mit Populismus und Hetze zu operieren. Eine Streitkultur, die Minderheitenpositionen & -interessen (im Falle der Landwirtschaft sind dies die der kleinbäuerlichen Betriebe, der lohnabhängigen Angestellten, der Saisonarbeiter*innen) hörbar macht und einbezieht.
Rechter Hetze, dem Hass gegen Politiker*innen und journalistische wie wissenschaftliche Akteur*innen sowie der Instrumentalisierung landwirtschaftlicher Problemlagen für völkisch-nationalistische Umsturzphantasien erteilen wir entschieden eine Absage! Wir lassen unsere Themen nicht von Rechten, Rechtskonservativen & Populist*innen vereinnahmen!
Global Food & Climate Justice for ALL and NOW!
Freiburg, den 07.01.24 - Stellungnahme als PDF
Dafür fordern wir konkret:
- Anreize & Honorierung von Gemeinwohlleistungen:
a) Faire unbürokratische Entlohnung von Natur- & Klimaschutzmaßnahmen (Wiedervernässung von Feuchtgebieten, Weidetierhaltung, Verbundflächenstilllegung, Diversitätsmaßnahmen)
b) Förderung eines postfossilen Pflanzenbaus und des art- und klimagerechten Umbaus der Tierhaltung
c) Förderung von Investitionen in Klimaanpassungsmaßnahmen (Bodenaufbaumaßnahmen, Versuchsanbau klimaangepasster Kulturen, Umrüstung auf sparsame neue Bewässerungssysteme, Kompostwirtschaft)
d) Sozialstandards für Angestellte und saisonal Beschäftigte als Bedingung für Bezug von Subventionen, Abschaffung der Befreiung von der Sozialversicherungspflicht für saisonal Beschäftigte
2. Umverteilung der Subventionen hin zu den Betrieben, die sie wirklich brauchen:
Kurzfristig: Deckelung der Maximalausschüttung von Flächenprämien
Mittelfristig: Ersetzen der Flächenpremien-Direktzahlungen durch Zahlungen für Umweltleistungen sowie an Arbeitskräfte gekoppelte Leistungen, für die Sozialstandards eingehalten werden müssen
3. Regionale alternative Wertschöpfungsketten aufbauen,
um die Bäuer*innen auf Augenhöhe mit der nachgelagerten Wertschöpfungskette zu bringen und die Marktmacht der Supermarktketten zu brechen
4. Bodenkonzentrationsprozessen entgegenwirken:
a) Erhöhung der Grunderwerbssteuer für Betriebe mit überdurchschnittlichem Landbesitz
b) Landwirtschaftliches Vorkaufsrecht verbindlich verankern
c) Land- & Pachtpreisdeckelung sowie Flächenbesitzdeckelung
d) Flächenvergabe aus kommunaler, Bundes- oder kirchlicher Hand anhand sozial-ökologischer Kriterien (Vorrang für Nahrungsmittelproduktion vor Energieerzeugung, Bevorzugung von ökologischem Anbau, Bäuerinnenförderung, Sozialstandards für Angestellte, Junglandwirt*innen)
5. Gentechnikfreiheit garantieren & die Deregulierung der neuen Gentechnik auf EU-Ebene verhindern!